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Stellungnahme der Aller-Weser-Klinik gGmbH zum Vorwurf einer unzureichenden Versorgung von Frühgeborenen

4 Nov
Die AWK wehrt sich gegen Vorwürfe.

Bericht des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über „unzureichende“ Behandlungsqualität in mehr als 60 Krankenhäusern

Nach den Ergebnissen der externen Qualitätssicherung durch das IQTiG (Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen) soll bei mehr als 60 Krankenhäusern, darunter die Aller-Weser-Klinik gGmbH (AWK), Krankenhaus Verden, die Behandlungsqualität teils unzureichend sein.

Dazu stellen wir fest:

Das IQTiG stellt für die AWK in 2018 „in einem Fall“ eine statistische Auffälligkeit fest und kommt zu der Bewertung „unzureichend“. Begründung: Das Krankenhaus Verden wurde in einem (von einem) Fall (statistisch also in 100 % der Fälle) auffällig, weil bei einer Frühgeburt der Pädiater (Kinderarzt) nicht sofort zur Geburt vor Ort war.

Es geht im Grundsatz um die Pflicht der „Anwesenheit eines Pädiaters bei der Geburt eines Frühgeborenen“. Das Krankenhaus in Verden hatte nach Ansicht des IQTiG den entsprechenden Qualitätsindikator nicht erfüllt, da der Pädiater statt 60 Minuten nach Aufnahme der Mutter des Frühgeborenen erst nach 62 Minuten in der Klinik eintraf.

Sachverhalt:

Das Krankenhaus Verden hat jährlich rund 650 Geburten und gilt nach der GBA-Richtlinie für die Versorgung von Früh- und Neugeborenen als Geburtsklinik. Das Krankenhaus darf daher – abgesehen von Notfällen – Schwangere ab der vollendeten 36. Schwangerschaftswoche (SSW), ohne zu erwartende Komplikationen zur Geburt aufnehmen.

Der Fall:

Der Fall betraf eine notfallmäßige Frühgeburt.

Um ca. 4:45 Uhr rief der Ehemann der Patientin im Kreißsaal an und erklärte, dass seine Frau in der 33. Schwangerschaftswoche stärkste Schmerzen habe und ob dies Wehen sein könnten. Sie erwartete ihr erstes Kind.

Die diensthabende Fachärztin für Gynäkologie / Geburtshilfe (Chefärztin Dr. Brunnbauer) war im Kreißsaal anwesend und riet ihm am Telefon, sofort die Leitstelle anzurufen und seine Frau nach Rotenburg transportieren zu lassen (Perinatalzentrum Level II, d.h. für Risikogeburten zugelassen).

Ca. 15 Minuten später rief der Rettungsdienst im Kreißsaal an, dass die Geburt unmittelbar bevorstehe und sie die werdende Mutter in das hiesige Krankenhaus bringen müssten.

05:13 Uhr:        Kreißsaalaufnahme der Mutter

05:20 Uhr:        Vaginale Untersuchung: der Muttermund ist vollständig eröffnet, das kindliche Köpfchen bereits auf Beckenboden.

05:21 Uhr:        Information der Kinderklinik (Level II) mit der Bitte an den Kinderarzt (Pädiater), sich sofort auf den Weg zu machen. Das Anästhesieteam (interner Standard zur Absicherung bei einer erwarteten Notfallsituation) wurde in den Kreißsaal gerufen. Es erfolgte die Vorbereitung für die Geburt.

05:42 Uhr:        Spontangeburt eines lebensfrischen, der 33. SSW entsprechenden Mädchens; Apgar 08/10/10, pH: 7,31 Erstversorgung durch das Anästhesie- und Geburtshilfeteam mit venösem Zugang und Gabe von Ringerlactat. Das Kind atmet selbständig. Eine Atemhilfe ist bei lückenloser Monitorüberwachung nicht erforderlich.

06:15 Uhr:        Eintreffen des Kinderarztes der Kinderklinik und nachfolgende  Verlegung des Kindes ohne Beatmung. Mutter: Oxytocin postpartal bei verstärkter Nachblutung

Entscheidung des IQTiG:

Der oben genannte detaillierte Sachverhalt wurde dem IQTiG geschildert. Das IQTiG kam daraufhin zu seiner Entscheidung/Bewertung für das Jahr 2018:

  • „Die Anwesenheit eines Pädiaters bei Frühgeburten ist zwingend erforderlich. Ihre Einrichtung hat den Referenzbereich von 90% statistisch signifikant unterschritten.“
  • „Rascher bzw. fortgeschrittener Geburtsverlauf mit Entbindung und Eintreffen [d]es Pädiaters/der Pädiaterin in einem Zeitintervall von mehr als 60 Min nach Aufnahme (Geburtsklinik Level IV)“
  • „Es gibt keine wissenschaftliche Definition für eine rasche Geburt. Aus pragmatischen Gründen wird ein Intervall zwischen Aufnahme und Geburt bis zu 60 Minuten als rasche Geburt angesehen. Innerhalb dieser Zeit sollte eine Pädiaterin/ein Pädiater zur Geburt hinzukommen können.“

(Quelle: Internetprotal des IQTiG, aktuell nur hausindividuell abrufbar durch reg. Benutzer)

AWK-Kritik an der IQTiG-Bewertung:

Trotz der detaillierten zeitlichen Angaben zum Verlauf der Geburt (s.o.) unterstellt das IQTiG der Klinik Verden eine Argumentation, die so gar nicht vorgetragen wurde. Das IQTiG lässt dabei auch noch unberücksichtigt, dass die Patientin als Notfall eingeliefert wurde und aus medizinischer Sicht nicht abweisbar war (Krankenwagen-Protokoll: beginnende Geburt, Wehen alle drei Minuten, Fruchtwasser-Abgang).

Der Pädiater wurde aus der regulär „zuständigen“ Level-II-Klinik bereits 8 Minuten nach Ankunft/Aufnahme der Mutter im Kreisssaal telefonisch informiert und dringend angefordert. Ankunft des Pädiaters im Kreißsaal 54 Minuten nach Anruf.

Auf die Organisation und den Verlauf bzw. die Dauer des Transports hat die Aller-Weser-Klinik Verden keinen Einfluss.

Die „signifikante Überschreitung“ (IQTiG) beläuft sich auf 2 Minuten.

Das IQTiG erkennt keinen relevanten Ausnahmetatbestand nach § 3 Abs. 4 plan. QI-RL an.

Aus der Bewertung ist außerdem zu entnehmen, dass für den diskutierten Fall keine objektiven Kriterien zitiert werden können, die Grenze von 60 Min. wird als im Konjunktiv formuliertes Optimum („sollte“) in Abhängigkeit zu einer vorangegangenen willkürlichen Setzung eines Zeitraums („aus pragmatischen Gründen“) vorgegeben. Die AWK nimmt deshalb auch mit Befremden Berichte zur Kenntnis, wonach „die Macher der Untersuchung“ (stern.de) bei Verkündung der Ergebnisse über ihre Bewertungsgrundlagen erklärt haben, „die Indikatoren seien noch in der Weiterentwicklung“.

Abschließende Feststellung:

Der AWK ist insoweit kein Qualitätsmangel anzulasten. Die Patientin wurde aufgrund der Entscheidung des Rettungsdienstes vor dem Hintergrund des akuten Verlaufs in die nächstgelegene Geburtshilfe (nämlich die AWK, Krankenhaus Verden) eingeliefert und dort mangels Verlegungsmöglichkeit als Notfall behandelt. Die Klinik ist eine Geburtsklinik der Versorgungsstufe IV. Sie hatte sich dementsprechend vorab als primär nicht behandlungsberechtigt für Frühgeburten vor der vollendeten 36. SSW ausgewiesen. Dennoch legt das IQTiG Qualitätsmaßstäbe für Kliniken der Versorgungsstufe III und höher an.

Das Kind wurde in stabilem Allgemeinzustand in die Kinderklinik verlegt. Die Behandlung im Krankenhaus Verden war erfolgreich.

Ich danke dem Behandlungsteam für die qualifizierte, sehr schnelle medizinische Behandlung von Mutter und Kind unter den gegebenen Umständen und bedaure die externe Einschätzung außerordentlich!

Die AWK hat Schritte eingeleitet, die Bewertung durch das IQTiG einer rechtlichen, ggf. gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen.

Verden, 01. November 2019

Gez. Marianne Baehr Geschäftsführerin